Was niemand sehen, keiner hören will

Etwas vom Jugend-Impuls

«Die Welt muss aus dem Fundament neu begründet werden.» (1)
Rudolf Steiner

Wer heute von ‹Jugendbildung› spricht, müsste zuerst wissen und miterleben, was die Jugend im tiefsten Inne­ren bewegt. Denn dies will sie im Leben verwirklichen. Sie wird daran gehindert. Auch und gerade durch ‹Jugendbil­dung› aller Couleur. Daher kommt alles darauf an, dass eine Lehrerschaft entsteht, die in strenger Selbsterzie­hung lernt, sich selber aus dem harten Griff der Zeitver­hältnisse zu lösen. Wahre Selbsterziehung wird allein durch Anthroposophie möglich. Und damit erst die Ver­bindung der Erzieher zum Impuls der Jugend. Doch wollen wir überhaupt hören, wollen wir gar sehen lernen, wohin Rudolf Steiner uns für die rechte Bildung der Jugend wei­sen will?

Verzweifelte oder vergreiste Jugend?
In seinem Buch ‹Schicksalswege zu Rudolf Steiner› (2) gibt Fred Poeppig im Kapitel ‹Alte Jugend› (!) als Teilnehmer am Jugendkurs einen Bericht über die Dornacher An­ sprache Rudolf Steiners an die Jugend vom 17. März 1924. Da lesen wir über die anschließende Aussprache:
[‹Generalbeichte der Teilnehmer›] «Einer berichtete von einem Freunde, der ein Verbrecher geworden wäre, wenn er nicht den Weg zur Anthroposophie ge­funden hätte. Er demonstrierte ihn, wie er mit der Faust auf den Tisch zu schlagen pflegte: ‹Wenn das Leben keinen anderen Sinn hat, so hauen wir alles in Stücke!› Jetzt war er Priester der Christengemein­schaft geworden und konnte seine Willenskräfte po­sitiven Zielen zuwenden.»

Der Berichtende konnte nicht anders, als seinen mit der Faust auf den Tisch klopfenden und ‹terroristische› Dro­hungen ausstoßenden Kameraden für einen potentiellen Verbrecher halten. (3) Doch dann kam für beide die An­throposophie Rudolf Steiners ins Spiel. Und siehe da: Aus dem Fast­Verbrecher ist dann ein Priester der CG gewor­den. Wunderbar! So müsste es doch sein! Die positive Wendung einer chaotischen, verzweifelten Jugend hin zur Anthroposophie und den sozialen – möglichst an­throposophischen − Berufen. Oder sehen wir da etwas gar nicht, weil wir es nicht sehen wollen? Ein Problem?

Nun, der Bericht Poeppigs ist damit nicht abgeschlos­sen. Rudolf Steiner interessierte sich besonders für den jungen Mann, aber nicht für den zum CG­Priester konvertierten, sondern für den Menschen vor seiner Konver­sion. Wir lesen jetzt einmal, was sonst eher überlesen wurde und wird:
«Dann fügte er [Rudolf Steiner] noch hinzu: ‹Den Menschen aber, von dem einer von Ihnen gespro­chen hat, der mit der Faust auf den Tisch klopfte, den hätte ich gern hier gehabt. Denn darauf kommt es an: Spatenstiche des Willens zu tun!›»
Wie bitte? Den verzweifelten Aufrührer und potentiellen Terroristen hätte Rudolf Steiner gern bei sich im Jugend­kurs und sicher auch in der Jugendsektion gehabt? Zu spät! Er ist schon ganz woanders gelandet. Dies bedauert Rudolf Steiner, nachdem er den Bericht gehört hatte. Die Dinge hätten anders laufen sollen. Indem der Kamerad also aus der radikalen Jugendbewegtheit in die CG hinein verschwunden war, fehlte er Rudolf Steiner in der Ju­gendarbeit. Was aber hätte Rudolf Steiner denn mit ihm angefangen?

Am 20. Juli 1924 kommt Rudolf Steiner in seiner An­sprache an die Jugend in Arnheim indirekt, aber deutlich auf die oben referierte Aussprache vom 17. März 1924 und auf die nötigen «Spatenstiche» zurück. Im Rückblick auf die Versuche, die Vertreter Jugendbewegung zu ver­stehen und ihnen eine anthroposophische Perspektive aufzuzeigen, wird gesagt:
«[…] es handelt sich darum, dass man da tastend forscht, liebevoll erfasst, wie es in der Jugend heute lebt. Zunächst haben wir versucht, eine Rundfrage zu geben an die Jugend, wie man sich die Jugendbewe­gung vorstellt, damit Gedanken auftreten sollten, vielleicht nicht Gedanken, besser vielleicht Faust­schläge des Gefühls, Spatenstiche des Willens. Alles hätte hineingenommen werden können. Es ist nichts daraus geworden.»
Faustschläge des Gefühls, Spatenstiche des Willens!? Es ist nichts daraus geworden? Was ist damit gesagt? Der Jugendimpuls blieb verschüttet unter dem konventionellen Selbstverständnis der Jugendvertreter. Und die An­throposophie wurde (und wird weiterhin) als Beruhi­gungsmittel verwendet (4) , um innerhalb der Totalkata­strophe der Menschheit in Konvention, Phrase, Routine der bürgerlichen Lebensempfindung verbleiben zu kön­nen. Die Kulturmission der Anthroposophie wird so in ihr Gegenteil verkehrt. Statt Spatenstiche des Willens zu vollbringen erfinden wir lieber ‹anthroposophische› Psy­cho­Physio­Wellness­Angebote und verlieren uns dabei in eine sogenannte ‹Spiritualität›.

Von Spatenstichen des Willens übrigens spricht Ru­dolf Steiner in Bezug auf sein eigenes Schreiben. Seine Worte seien wie Spaten, die die Bretter wegschlagen, mit denen die Welt verschlagen ist. Und diese Spaten­ Worte, sie sollen den Lesern eben die Spaten sein, mit denen sie – mit Rudolf Steiner − die Arbeit an sich selbst verrichten können, damit sie in seelischer Betätigung beim Lesen «an das Geistig­Seelische herankommen».
«Nehmen Sie dieses erste Kapitel in ‹Von Seelenrät­seln›. […] Es ist in der Absicht geschrieben, dass man sich sagt: Wenn ich s t e h e n b l e i b e in der gegen­wärtigen Zivilisation, so ist eigentlich für mich die Welt mit Brettern verschlagen. […]Die meisten Men­schen haben das unbewusste Gefühl: solch ein Kapi­tel, wie das erste Kapitel ‹Von Seelenrätseln›, ist eben mit der Feder geschrieben, aus der die Tinte fließt. Es ist nicht mit der Feder geschrieben, sondern es ist geschrieben mit seelischen Spaten, welche die Bretter, die die Welt verschlagen, niederreißen möch­ten, das heißt, die Grenzen des Naturerkennens be­seitigen möchten, aber beseitigen möchten durch in­nere Seelenarbeit. Also es muss mitgearbeitet wer­ den in seelischer Betätigung bei dem Lesen eines sol­chen Kapitels.» (5)
Rudolf Steiner entdeckt bei dem jungen Menschen durch die bloße Erzählung eine Willensorientierung, welche die Anthroposophie nicht als Beruhigungspille missbrauchen wird, und zwar im Gegensatz zu den an­ wesenden jungen Leuten. Es ist sicher kein Zufall, dass Rudolf Steiner bei ihm von «Faustschlägen des Gefühls, von Spatenstichen des Willens» spricht. Er hätte diesen jungen Menschen wohl darin bestärkt, dass sein ver­zweifeltes Suchen nach einem menschenwürdigen Sinn der Welt und des Lebens und seine radikale Entschlos­senheit zum ‹Entweder – Oder› der erhoffte Anfangs­punkt einer echten Jugendbewegung innerhalb der Anthroposophischen Bewegung sein muss. «Denn darauf kommt es an: Spatenstiche des Willens zu tun.» Es kommt auf die Haltung der Jugend an, wie sie in diesem jungen Menschen zum Vorschein gekommen war, bevor er den Weg ist den Priesterberuf eingeschlagen hatte.
Diese geforderte Haltung würde sich zeigen mit der Ein­sicht: «Wenn ich s t e h e n b l e i b e in der gegenwärtigen Zivilisation, so ist eigentlich für mich die Welt mit Brettern verschlagen.» Dieser junge Mensch, der diese Bretter mit Faustschlägen bearbeitet, fehlt aber in der Jugendver­sammlung 1924 – aus der Sicht Rudolf Steiners. Er muss ihn entbehren. Und wer ist statt dieses Jugendlichen nun da? Allerlei greisenhafte Gestalten jungen Alters.
«Sie haben ja alle ganz interessante Dinge aus Ihrem Leben erzählt, aber so kommen wir eigentlich nicht recht weiter. Was heute vielfach aus dem Munde des jungen Menschen kommt, das ist oft etwas recht Mü­des, Altes, was als Seeleninhalt aus der Zeit in ihm lebt. So kommt es, dass, wenn man heute die jungen Menschen reden hört, man das Gefühl hat: die reden ja genauso wie die Alten. Etwas Greisenhaftes klingt aus den Worten der Jungen, das ihre eigentlich tiefe­ren Impulse mehr überdeckt als offenbart. Und so bleibt denn vieles in den alten Bahnen stecken.»
Die tieferen Impulse der Jugend werden also durch das greisenhafte Selbstverständnis, in dem sich die Seele aus dem Inhalt der Zeit bestimmen lässt, verschüttet statt of­fenbart. Wie aber kann es sein, dass die Begegnung der Jugend mit Anthroposophie diese Jugend dann doch ins Greisenhafte führt, in das Gegenteil dessen, was Rudolf Steiner doch erhoffte? Dass die tieferen Impulse der Ju­gend nicht durch Anthroposophie gehoben und ge­weckt, sondern verschüttet werden? Das kann nicht an der Anthroposophie selber liegen. Was liegt da vor?

Falsche Ambitionen und Hoffnungen
Die Jugend hat den Wunsch nach einer seelisch erfüllen­ den Berufstätigkeit. Und die angestrebte Befriedigung liegt dann darin, dass man in dem Beruf anthroposophisch tätig werden kann. Zum Beispiel als Priester der CG. Was um Himmelswillen soll daran problematisch sein? − Wer die Ansprachen Rudolf Steiners an die Ju­gend ein wenig kennt, dem wird aber wohl nicht entgan­gen sein, wie oft Rudolf Steiner diese Art Berufssuche charakterisiert. Er wird da immer wieder ganz persön­lich. Er sagt: Hätte er selber irgendeinen Beruf ergriffen, gäbe es keine anthroposophische Bewegung. Warum betont er dies so stark?
«Ich möchte nicht gern von mir selber reden, aber in diesem Falle muss ich es. Ich habe mich in keinen Be­ruf hineingestellt, denn hätte ich es getan, es wäre zu keiner anthroposophischen Bewegung gekommen. Um das Vermächtnis Goethes zu gestalten, durfte man in keinem Beruf darinnenstehen. Man muss das Leben gestalten.» (GA 217a, S. 150)
Sich in einen Beruf hineinstellen verunmöglicht die an­ throposophische Bewegung? Das gilt offensichtlich für Rudolf Steiner. Er sagt es selbst. Es geht nicht darum, in einem der heutigen Berufe aufzugehen, sondern um ‹Le­bensgestaltung›. In einer Zeit, die immer mehr ins auch sozial Absurde abgleitet, kann es keine befriedigende Be­rufstätigkeit geben. Aber eben solche Ambitionen und Hoffnungen treten auf, indem die Jugend sich vorstellt, einen anthroposophisch durchdrungenen Beruf einmal ausüben zu können, und daraus Lebensbefriedigung zu schöpfen. Zum Beispiel anthroposophischer Arzt, Wal­dorflehrer, Demeter­Landwirt zu sein und so etwas Gu­tes ‹für die Menschen zu tun›. Oder wie immer das aus­ gedrückt werden kann. Was wiederum heißt: Die An­throposophie soll irgendwie in das Leben der Zeit einflie­ßen, und so letztlich die bestehende Zivilisation verbes­sern, womöglich ihren Niedergang aufhalten, oder die­sen gar in einen Aufstieg umkehren und alles doch noch ‹zum Guten› wenden? Was zeigt sich da?

Der letzte Konservativismus
Man sucht Befriedigung in einer Berufstätigkeit und be­merkt nicht, dass diese Befriedigung heute nur eine trü­gerische sein kann. Was ist das für ein Bewusstsein?
Schiller würde sagen: Ein schlaffer, verzärtelter Geschmack. Die Abwendung von dem ernsten Angesicht der Notwendigkeit. Die Sucht nach der Harmonie von Wohlsein und Wohlverhalten mittels der Leugnung des Verhängnisses, das über unserer Zeit waltet. Und walten muss! Was wird so stets gemieden? Was man nicht se­hen, nicht hören will.
«Stirne gegen Stirn zeige sich uns das böse Verhäng­nis. Nicht in der Unwissenheit der uns umlagernden Gefahren ‒ denn diese muss doch endlich aufhören − nur in der Bekanntschaft mit denselben ist Heil für uns.» (Friedrich Schiller, Über das Erhabene)

Rudolf Steiner konkretisiert Schiller: «Man muss das Le­ben gestalten.» Dem Leben, in dem auch Berufstätigkeit vorkommt, nach einer Weltanschauung, einer Anschauung der Welt eine Gestalt zu geben. Selbstverständlich kann diese Gestaltgebung nicht dadurch möglich wer­den, dass der junge Mensch sich bestimmen lässt durch das, «was als Seeleninhalt aus der Zeit in ihm lebt». Seine Ambitionen und Hoffnungen – das müsste er einsehen − können sich nicht erfüllen durch irgendetwas, was in den Zeitverhältnissen vorgefunden wird oder möglich er­ scheint. Und eben dies ist gründlichst einzusehen.
«Das Problem kann nicht gelöst werden, sich in den heutigen Beruf hineinzustellen und innere Lebens­freudigkeit zu behalten. Deshalb muss man sich aber doch in die heutigen Berufe hineinstellen, denn es gehört Resignation dazu, sich in keinen Beruf hinein­ zustellen. Dazu müssen Sie sich schon aufschwingen einzusehen, dass es nicht möglich ist, sich in die heu­tigen Berufe hineinzustellen mit Lebensfreudigkeit oder Befriedigung.»
Resignation kommt von re­signare: Ich ziehe meine Sig­natur, meine Unterschrift zurück. Was die Zeit mir als ‹Möglichkeit› anscheinend bietet, anerkenne ich nicht.
Es hat keine Gültigkeit. Es ist nicht meins. − Das ist schwer.
«Und dieser letzte Konservatismus muss auch noch verschwinden, dass man glaubt, man kann sich in die heutigen Berufe mit Freude hineinfinden. Man muss neben dem Beruf einen Weg finden und für diesen Weg so viele Menschen finden, dass eine solche Kraft entsteht, dass die Berufe neu gestaltet werden kön­nen. Denn nur in neugestalteten Berufen kann man sich freuen.» (217a, 152)

Ein Seitenblick: Und der Waldorflehrer-Beruf?
Könnten nicht die Waldorfschulen solche neugestalte­ten Berufe ermöglichen? Ja, sie könnten. Aber wie? − Die Arnheimer Ansprache wurde 1924 gehalten. Die Freie Waldorfschule war damals schon fünf Jahre ‹in Be­trieb›. Vermissen wir hier etwa den Aufruf Rudolf Stei­ners, dass die Jugend doch den Beruf des Waldorflehrers ergreifen könne? Warum geschieht dies nicht? Ganz ein­fach: Rudolf Steiner wollte gar nicht, dass es mehrere Waldorfschulen gebe. Die Stuttgarter Waldorfschule sollte eine Musterschule sein und bleiben. Die Welt soll­te an einem Beispiel sehen, was mit der Erziehungskunst Rudolf Steiner gemeint ist. Rudolf Steiner hatte gegen­ über den vielfachen Wünschen nach weiteren Schul­gründungen den Einwand: Woher sollen denn die fähi­gen Lehrer kommen? Als in Paris eine Waldorfschule entstehen sollte, sagte er, da müsse er eingreifen. Das könne nur er tun. (6) Worauf es Rudolf Steiner stattdessen ankam: Einen ‹Weltschulverein› (7) zu begründen. Eine Gemeinschaft von Menschen, «welche die Freiheit und Selbstverwaltung des Erziehungs­ und Schulwesens energisch erstrebt».
«Wer diese Dinge überschaut, für den wird die Be­gründung einer Menschengemeinschaft, welche die Freiheit und Selbstverwaltung des Erziehungs­ und Schulwesens energisch erstrebt, zu einer der wich­ tigsten Zeitforderungen. Alle anderen notwendigen Zeitbedürfnisse werden ihre Befriedigung nicht fin­den können, wenn auf diesem Gebiete das Rechte nicht eingesehen wird.» (8)
Was für eine Menschengemeinschaft ist gemeint? Eine Eltern­Waldorf­Gründungsinitiative? Müssten nicht sol­che Initiativen die wichtigere Zeitforderung darin sehen, «die Freiheit und Selbstverwaltung des Erziehungs­ und Schulwesens energisch» zu erstreben? Nicht also das net­te Angebot einer Waldorfschule zur Befriedigung von pri­vaten Bedürfnissen zu benutzen, sondern in die Voraus­ setzungen für ein freies Schulwesen hineinzuwirken …

Das Dienstleistungs­Getriebe der ‹Tochterbewegun­gen› hat dazu geführt, dass mit der Waldorfschule auch die anderen ‹anthroposophischen Errungenschaften› in der Anpassung an die banalen Wünsche und Bedürfnisse der Leute verkommen, – und letztlich entkernt und dann widerstandslos beseitigt werden. Nur die Fassade muss bleiben. − Rudolf Steiner hat sich nicht direkt gegen die berufliche Instrumentalisierung der Anthroposophie ge­stellt. Aber wir sind uns ja dessen bewusst, dass das Elend der Anthroposophischen Gesellschaft laut Rudolf Steiner darin sich stets erneuert, dass die anthroposo­phischen ‹Tochterbewegungen› der Mutter – der Anthroposophie − vergessen. Das Gegenmittel wäre, dass
wir das rechte Verhältnis zur Anthroposophie – also zum wesenhaft Jugendlichen selbst − aus der Erkenntnis suchten, dass wir dasselbe noch gar nicht haben. Was ist gemeint?­

Anthroposophie nicht ‹verstehen›, sondern erleben
«Man muss neben dem Beruf einen Weg finden und für diesen Weg so viele Menschen finden, dass eine solche Kraft entsteht, dass die Berufe neu gestaltet werden kön­nen.» Wie? Durch die anthroposophische Anstrengung neben dem unbefriedigenden Berufsleben. Und wozu soll die Anstrengung führen? Merkwürdig zu lesen: Sie soll nicht zu einem ‹Verständnis› der Anthroposophie führen, sondern zum Erleben der Anthroposophie. Die Alten meinen ja, ein Verständnis von Anthroposophie zu haben. Das ist aber ein verhängnisvoller Irrtum.
«Die alten Leute machen uns ja ohnehin den Vor­wurf, dass Sie [die Jugend] die Anthroposophie nicht verstehen. Ein gutes Zeichen für die Anthroposophie! Man soll sie nicht verstehen, man soll sie erleben.» (GA 217a, S. 151.)
Als Jugend die Anthroposophie erleben? Und ein ‹Verste­hen› der Anthroposophie verhindert also das Erleben? Wie kann ich etwas erleben, ohne es verstanden zu haben? Doch nur dann, wenn dieses Etwas die Wirklichkeit ist, während das ‹Verstehen› in Unwirklichkeiten führt. Das gewöhnliche Verstehen von Anthroposophie macht diese unwirklich. Was aber ist die Wirklichkeit der An­throposophie? Wie erlebe ich diese Wirklichkeit? Dazu braucht es ein bestimmtes Verhältnis zur Welt von heu­te. Das erste Erleben der Anthroposophie als Weltpro­zess zeigt sich in …

Beklemmung und Atemnot
In der Ansprache an die Jugend vom 6. Januar 1923 (9) kommt Rudolf Steiner darauf zu sprechen, wie denn das eigentliche geistige Streben nach der anthroposophi­schen Weltanschauung ohne alle Anthroposophie be­gründet werden könnte, und zugleich die Fähigkeit ent­stehe, Anthroposophie auffassen und vertreten zu kön­nen. Wir werden mit einem Paradoxon konfrontiert:
«Wir sind heute in diesem Zeitalter durch die natur­wissenschaftliche Entwickelung […] bei einem Punk­te der Zivilisationsentwickelung angelangt, in dem es möglich wäre, dass ohne alle Anthroposophie, durch bloßen vollmenschlichen Betrieb des wissenschaftli­chen und Erkenntnislebens, die jungen Menschen aus der gewöhnlichen Naturwissenschaft heraus das erleben müssten, was ich nennen möchte e i n e A r t t i e f e r s e e l i s c h e r B e k l e m m u n g . […] O h , wäre diese Beklemmung die Frucht unseres naturwissenschaftlichen Studi u m s ! Dann würde aus dieser Beklemmung, die den ganzen Menschen ergreift, nicht allein die S e h n ­s u c h t nach der geistigen Welt entstehen, sondern auch die B e g a b u n g , in die geistige Welt hineinzu­ schauen. Auch dann, wenn man Erkenntnisse nimmt, die den Menschen nicht befriedigen können, kann gerade durch das richtig an die Seele und an das Herz herangebrachte Unbefriedigende das höchste Stre­ben entfacht werden. Das ist es, meine lieben Freun­de, was man manchmal als so furchtbar empfindet, als so niederschmetternd empfindet innerhalb des Er­
kenntnisbetriebes der Gegenwart, d a s s g a r k e i n Anspruch darauf gemacht wird, fühlen zu lassen, wie die Dinge, die in der Gegenwart da sind, auf den ganzen Menschen so wirken können, dass er gehindert wird in seinem jungen Leben, überhaupt an das Menschenwürdigste h e r a n z u k o m m e n , wenn er nicht gerade aus einer besonders veranlagten Sehnsucht heraus sich frei macht von dem, was ihn nur mit den Hindernissen be­haftet, die in den Weg gelegt werden.» (ebd., S. 88)
Hören wir hier wieder einen Bezug auf den Jüngling mit den ‹Faustschlägen des Gefühls› durch? Halten wir zu­nächst fest, dass Rudolf Steiner von einem Weg der Jugendseele spricht, den zu gehen sie behindert wird da­ durch, dass sie durch die Art des Studiums der heutigen Wissenschaften die innere Beklemmung nicht erlebt, die deren Ergebnisse in der Menschenseele erzeugen müss­ten. Und dass in der Folge die Anthroposophie nicht in ih­rer wahren Bedeutung erlebt werden kann. (10) Dieses Nicht­Erleben auf beiden Seiten – der Naturwissenschaft und der anthroposophischen Geisteswissenschaft – be­hindert die Gestaltungsfähigkeit des eigenen Lebens in dem Spannungsfeld zwischen Anthroposophie und Na­turwissenschaft.

Und in Bezug auf die sog. universitären Geisteswissenschaften sagt Rudolf Steiner: «[…] wenn man als junger Mensch mit einer Anlei­tung, die diese Geisteswissenschaften wiederum vom vollmenschlichen Standpunkte aus behandeln würde, sich ihnen so hingeben könnte, dass man durch sie wenigstens etwas bekommen würde, was ich nennen möchte eine seelische Atemnot. Denn […] all das […], was heute in den Geisteswissenschaften enthalten ist, das würde, w e n n e s w e n i g s t e n s mit menschlichem Anteil an den jungen Menschen herangebracht würde, ja gerade das Ziel verfolgen können, ihm diese Atemnot der Seele zu erzeugen, die den Drang in ihm erwecken würde, hinaufzustei­gen in die frische Luft, die in das Gebiet der heutigen Geistesbetrachtung durch anthroposophische Welt­anschauung gebracht werden soll.» (Ebd., S. 89)
Wäre es nicht die Aufgabe einer sich als anthroposo­phisch verstehenden Hochschule, diese Beklemmung, diese Atemnot der Jugend stellvertretend für die heuti­gen Wissenschaften durch die beklemmende, voll­ menschliche (anthroposophische!) Darstellung ihrer Er­gebnisse und Methoden bis zur Atemnot zu erzeugen?
Würden sie – zum Beispiel als Waldorflehrer − nicht erst dann den höchsten Ansporn zu dem wahren geisteswis­senschaftlichen Streben der Jugend erzeugen? Was zu da leisten ist, das ist: Die Hindernisse hinweg zu räumen, die dem Heraufkommen des Jugendimpulses so fatal entgegenwirken. Es sind Hindernisse unseres ‹Verste­hens› der Kinder und Jugendlichen.

Der schwierige Jugendimpuls
Rudolf Steiner: «Man kann sagen, es war niemals ei­ne so große Diskrepanz, ein so großer Gegensatz da zwischen dem, wie das innere Erleben der Jugend äu­ßerlich zum Ausdruck kommt, und dem, was das inne­ re Erleben der Jugend eigentlich ist.» (GA 217a, S. 178)

Nehmen wir also zur Kenntnis: Unsere Vorstellungen über die Jugend – und damit über einzelne Jugendliche ebenso −, soweit sie sich für uns beim Nachdenken über ihre Äußerungsformen und ­inhalte einstellen, haben keinen wirklichen Bezug zu dem, was im Innern der Ju­gendlichen lebt und wirkt. Wir sind diesbezüglich blind.
Dies kann jedem einzelnen auf verschiedenen Stufen be­wusst werden. Der Impuls der Jugend kommt aus dem Geistigen in das Leben herein. Sie wollen und sollen die Alten an das erinnern, was diese vergessen haben: ihren Inkarnations­Auftrag.

Wir haben uns – das ist ja den allermeisten Lesern si­cher bekannt – die Vorstellung zu bilden, dass die Unge­borenen, die sich zur Inkarnation in einer Jugendgeneration entschließen, ihre Motivation, ihre moralischen Im­pulse im Vorgeburtlichen durch Begegnungen mit geis­tigen Wesenheiten ausbilden. Eine besondere Rolle spielt dabei für eine Anzahl von Seelen (die mehr oder weniger darauf vorbereitet sind) die von Rudolf Steiner so genannte ‹übersinnliche Michaelschule›. Die ‹Teil­nehmer› erleben dort, welche Aufgabe ihnen für die In­karnation seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts gestellt ist. Sie sollen hier im physischen Dasein durch Anthropo­sophie die Fähigkeit ausbilden, mit der sie nach dem To­de eine Individualität werden können. Sie fühlen dann, dass sie den Auftrag haben, in dem bevorstehenden Le­ben sich auf ein kommendes wichtigstes Ereignis im Er­dendasein so vorzubereiten, dass sie bewusst dabei sein können, auch wenn sie dann schon gestorben sind. Aus dem ‹Unterricht› der ‹Michael­Schule› ergibt sich für die ganze Inkarnationszeit nicht bloß die Grundausrichtung der individuellen Inkarnations­Intention, sondern darü­ber hinaus eine bestimmte Erlebnisart, die sich für den ‹Beobachter des Übersinnlichen› (so benennt Rudolf Steiner sich selbst) an den Jugendlichen wie folgt zeigt:
«[…] die Jugend hat tief im Unterbewussten gerade seit der Jahrhundertwende eine innere Erlebnisart, durch die sie zeigt, dass sie fühlt: da rüttelt etwas erd­bebenartig an der Entwickelung der Menschheit. […] Von Anfang an schien es mir ganz deutlich, dass durch einen Großteil der gegenwärtigen Jugend im tiefsten Unterbewusstsein eigentlich ein Zug lebt von einem merkwürdig gründlichen Verständnis dafür, dass ein großer, erdbebenartiger Umschwung in der ganzen Entwickelung der Menschheit sich vollziehen muss.» (S. 177 f.)
Wir Alten (aber ehemals Jungen) müssen uns sagen ler­nen: Wenn wir es mit der Anthroposophie ehrlich mei­nen, so kann diese notwendige Ehrlichkeit nur davon ausgehen, den okkulten Jugendimpuls in vollem Um­fang ernst zu nehmen. Darin begründet sich aber die Forderung Rudolf Steiners, den inhaltvollen Mut zu ent­wickeln:
«Wenn dann eine anthroposophische Bewegung ehrlich ist, und die Jugend nötig hat, ehrlich zu sein, was ist dazu vor allen Dingen nötig? Mut! Den lernt man sehr schnell oder gar nicht. Wirklich Mut! Mut, sich zu sagen: Das Leben der Welt muss in seinen Fundamenten neu gegründet werden. Ich habe nie­mals etwas anderes im Unterbewusstsein der ju­gendlichen Menschen eingeschrieben gesehen. Das ist es wirklich: Die Welt muss aus dem Fundament neu begründet werden.»
Der Jugendimpuls hat also den im Leben vergessenen, unbewusst bleibenden moralischen Inhalt: «Das Leben der Welt muss i n s e i n e n Fundamenten neu gegrün­det werden. […] Die Welt muss a u s d e m Fundament neu begründet werden.» Verstehen wir, was damit ge­sagt ist, was das heißt? Verstünden wir es, würde der Ju­gendimpuls nach und nach in uns bewusst. Und wir fän­den das im Vorgeburtlichen angelegte rechte Verhältnis zur Anthroposophie.

Was ist ein Fundament? Aus ihm werden Gebäude errichtet, die Gebäude unserer Zivilisation. Was ist das Fundament des Lebens der Welt, in dem es neu gegrün­det werden muss? Dieses Fundament ist die bewusste Menschenbegegnung. Mein eigenes Wesen muss mir als das Sinnesobjekt ‹Mensch› gegenübertreten. Denn ich soll durch den anderen, an ihm und mit ihm mich selber denkend erfassen, mir das Bewusstsein des ureigenen Menschentums (d.i. Anthroposophie) erringen. Das Mit­tel dazu ist die anthroposophische Menschenkunde Ru­dolf Steiners. Der wahre Inhalt jeder Menschenbegeg­nung ist also die Anthroposophie Rudolf Steiners als ‹All­gemeine Menschenkunde›. Ohne die anthroposophi­sche Menschenkunde kann die Menschenbegegnung nicht gelingen. Die Errichter der ‹Gebäude› unserer Zivi­lisation und ebenso ihre Zerstörer wollen mit Anthropo­sophie nichts zu tun haben. (Die Gründe sind weiter zu untersuchen.) Also brechen diese Gebäude zusammen.Sie erfüllen ihren Zweck nicht. Wer oder was lässt sie zu­ sammenbrechen, zerstört sie? Es sind die erwachsenen Menschen, die ehemaligen Kinder und Jugendlichen. Sie wissen nicht, dass es den Jugendimpuls gibt, wie dieser Jugendimpuls in ihnen abgestorben ist, und als bloßer Zerstörungswille weiterwirkt. Und doch ist dieser geisti­ge Impuls real, er wirkt in den Muskeln, in den Trieben.
Aber er kommt nicht ins Bewusstsein. Die Menschenbe­gegnung misslingt also, da sie nicht ist, was sie sein müss­te. Die neue Art der Menschenbegegnung muss aber kommen, die Menschenwelt muss im Fundament neu gegründet werden. Und indem Menschen in großer An­zahl unbewusst an das Fundament des Lebens und der Welt heranwollen, und dazu den vollständigen Abriss der Zivilisationsgebäude bewirken, sollen und wollen sie (noch unbewusst) die Welt aus diesem Fundament neu begründen.

Was ist da gesagt? Es sind Ungeheuerlichkeiten, die unserem Verstehenwollen zunächst ganz unzugänglich sind. Das «tiefste Unterbewusstsein» ist uns völlig verborgen. Wir haben es da zu tun mit Erlebnissen und Ein­drücken, die vor unserer Geburt liegen, die wir nach der Geburt völlig vergessen haben, die sich aber aus dem Unbewussten heraus in unseren Willensakten auswir­ken. Wir verstehen uns selber nicht bei dem, was wir mit uns und der Welt unter dem Vorwand des Fortschritts oder anderer guten Absichten de facto als Zerstörung unserer Lebensgrundlagen veranstalten. Dies alles kommt dadurch zustande, dass die aus dem Vorgeburt­lichen hereindrängenden Jugendgenerationen kein be­wusstes Verhältnis finden zu den Triebkräften, die in ih­rer Inkarnationsintention verborgen liegen. So können Personen, die diese okkulten Kräfte kennen, diese Trieb­kräfte für ihre Herrschaftszwecke manipulieren. Was wir äußerlich als Jugendliche beziehungsweise an der Ju­gend sehen und erleben, steht in totaler Diskrepanz zu dem, was das innere Erleben der Jugend eigentlich ist.
Das heißt: was wir uns bei der Beobachtung der Jugend – und damit der Jugendbewegungen seit 1900 – vorstel­lungsmäßig zurechtlegen, hat mit dem ‹Eigentlichen› der Jugend aber schon auch gar nichts zu tun. Wir leben in einer völligen Blindheit für den Jugendimpuls. Wir kommen immer wieder statt in die Tiefe nur in ein hilfloses oberflächliches Missverstehen hinein, wenn wir als wissende Gutmenschen den Jugendlichen bloß sagen, sie seien unwissend, manipuliert, über­ oder unterange­passt, arbeitsunwillig oder karrieregeil und so weiter.
Und daraus gar Erziehungs­ und Bildungsdefizite konsta­tieren und diese dann programmatisch beheben wollen. (Anthroposophen sind von solcher Oberflächlichkeit nicht ausgenommen. (11) ) Ist die gewöhnliche Sicht auf die Jugend nicht furchtbar naiv? Warum aber wollen wir nicht tiefer dringen? Rudolf Steiner: «Man will vor dem Antlitz unserer Zeit nicht so klaren Blickes stehen, dass man die verbitterten Züge sehen will. Man will Schleier über Schleier vor dieses Antlitz ziehen und will sich sei­ nen Anblick deswegen fernhalten, weil man die Sprache fürchtet, die aus dem Antlitz redet.» (12)

Und dies verhindert natürlich auch, dass wir − durch Anthroposophie − überhaupt bemerken, was für Trieb­kräfte hinter den Vorstellungen und Aktivitäten auch von uns ehemaligen Jugendlichen wirken. Triebkräfte, deren erdbebenartigen Auswirkungen wir besonders seit den letzten drei Jahren anhand der okkult induzierten Mas­senpsychosen in der Corona­Zeit und der Klima­Hysterie studieren konnten und können. Gegenwärtig (2023) er­leben wir diese Triebkräfte in der medial geschürten Kriegshysterie des ‹Werte­Westens› gegen Russland und China, die sich gerade in Deutschland erneut ausnimmt wie eine besinnungslose Flucht in den Selbstmord aus Angst vor dem Tod − und damit die Flucht vor der Er­kenntnis des mitteleuropäischen Weltauftrags. Macht man die Augen auf, ist dies in Mitteleuropa unmittelbar sichtbar. Sicher, die Jugend wird aus einem verborgenen politisch­ökonomischen Hintergrund über ‹die Wissen­schaft› so manipuliert, dass sie unwissend fremden In­tentionen dient. Die jungen Menschen sollen glauben, dass sie die Welt (oder was auch immer) durch ihren Ak­tionismus retten können. Ihnen werden die Augen für
das Verhängnis verschlossen, in dem sie ausweglos ge­fangen sind. Indem sie gegen die Zerstörung der Welt zu agieren meinen, bewirken sie dieselbe gerade. Ohne das Bewusstsein aber, worum es sich bei dem Untergang der Zivilisation in Wahrheit handelt, kann der Sinn desselben in sein Gegenteil verkehrt werden. Aber dennoch: die von Rudolf Steiner charakterisierte Seelen­Stimmung der Jugend macht dies alles im deutschsprachigen Raum überhaupt erst möglich. Es hängt aber von einer anthro­posophischen Bewusstseins­Bildung in diesen sonst bloß furchterregenden Prozessen ab, ob der eigentliche Ju­gendimpuls aus einer höheren Ebene heraus diese Vernichtungsprozesse im spirituellen Sinn für eine mögliche Zukunft wird gestalten können.

Rudolf Steiner:
«Sie können fragen: Will denn die Menschheit ihren Untergang? – Man kann doch nicht annehmen, dass die Menschen den Untergang der ganzen Zivilisation wollen. Die Beobachtung zeigt es, sie wollen ihn, denn sie leben automatisch im alten Stile fort. Ich will Ihnen erklären, warum sie das wollen. Ich brauche Sie nur auf eine einzige Erscheinung hinzuweisen, dann wird Ihnen diese Erscheinung eine Erklärung sein können. Haben Sie noch nicht Insekten im Zimmer herumfliegen sehen, wenn ein brennendes Licht daist und diese Insekten sich in das brennende Licht hi­neinstürzen? Studieren Sie einmal dieses Phänomen, dann werden Sie die Stimmung der Gegenwarts­menschheit im Bilde haben. Man muss nur die Er­scheinungen der Natur nehmen als das, was sie sind, als Symptome für Kräftewirkungen im Weltenall.» (13)
Was ist gemeint?
«Das Insekt, das sich in die Flamme stürzt, will ster­ben, denkt man sich. Nein, das will nicht sterben, sondern es will in anderer Gestalt wiederkommen. Es will durch die Flamme umgestaltet werden. U n d s o i s t d e r To d ü b e r a l l : D e r To d i s t n i c h t s , w a s d i e W e s e n v e r n i c h t e t , s o n d e r n w o ­d u r c h s i e , w e n n d e r To d r i c h t i g e i n g e ­l e i t e t w i r d , n u r u m g e s t a l t e t w e r d e n . » (14)
Wie aber wird der Tod richtig eingeleitet? Was heißt dies für die Menschenwelt? (15) Dies fragen wir aus unserer noch unentwickelten Begegnung mit Anthroposophie.
Und sie kommentiert unsere Frage mit gewissen Hin­weisen:
­
Der erdbebenartige Umschwung in der Menschheitsentwickelung
Dem Jugendimpuls, der daran gehindert wird, ins Be­wusstsein zu treten, kommt von außen eine Hilfe entgegen. Um dies zu begreifen, sind wir wohl doch aufgefor­dert, uns mit Hilfe der Geisteswissenschaft Rudolf Stei­ners zutreffende Vorstellungen zu bilden über den Inhalt dieses tiefsten Unterbewusstseins, und damit zu der wir­kenden Kraft, der uns alle als Teilnehmer des 20. Jahr­hunderts und die Jugend des 21. Jahrhunderts unter den damit gekennzeichneten Voraussetzungen so oder so ins Leben gestellt hat. Dazu müssen wir aber die Phalanx der Verharmlosungen, des Nicht­Ernst­nehmen­Wollens, der − sagen wir es deutlich – sich anthroposophisch ge­benden Plattitüden über den ‹Kulturimpuls der Anthro­posophie› und so weiter mit dem starken Willen zum un­befangenem Denken durchbrechen. Noch durchaus zu­ rückhaltend deutet Rudolf Steiner auf das Gemeinte:
«Aber, was ist diese physische Welt in Wirklichkeit? Man lernt sie ja nicht kennen, wenn man sie nur als physische Welt kennt. Man lernt sie ja nur kennen, wenn man auch ihren Geist, den sie immer in sich trägt, wirklich erkennend auffassen kann. Dazu muss die Menschheit wieder gelangen. Das ist der Sinn des großen Wendepunktes in unserer Zeit, dass uns die Welt das Bild der Zerstörung, des Chaotischwerdens zeigt, dass aber für denjenigen, der einsichtig ist, in diesem Chaotischwerden, in diesem furchtbaren Wüten menschlicher Leidenschaften, die alles ver­dunkeln und die alles schließlich in die Dekadenz hi­neinbringen wollen, dass sich in alledem offenbart der Drang von geistigen Mächten, die dahinterstehen, um den Menschen in eine neue Geistigkeit hineinzu­führen. Und in dem Hinhorchen auf diese Geistesstimme, die in unser materialistisches Dasein hineintönt, besteht eigentlich die Veranlagung für anthroposo­phische Geisteswissenschaft.» (16)
Was für ein Bild wird da von Rudolf Steiner für uns ge­zeichnet? «Unsere Zeit», so heißt es, ist der Schauplatz eines großen Wendepunktes, nicht eines kleinen. (17) Ru­dolf Steiner, Ursprung, Darsteller und Garant der Gesetze der Menschheitsentwickelung aus dem Gesichtspunkte der Ewigkeit, tritt selbst in die Menschheitsentwickelung ein – von welcher wir ohne ihn nichts wirklich wüssten − und macht die sinnlos erscheinende Zeit des Chaos und des Untergangs der gegenwärtigen Zivilisation zu ‹unse­rer Zeit›. Und da hören wir dann – wenn wir hören wol­len −, dass hinter diesem grauenhaften Untergangssze­nario der ‹Drang› von guten geistigen Mächten wirkt, die die Menschheit «in eine neue Geistigkeit hineinführen»
wollen. − Was wollen wir denn unter dieser ‹neuen Geis­tigkeit› verstehen? Was sollte sie anderes sein als dieje­nige Geistigkeit, die durch die Anthroposophie Rudolf Steiners verkündet wird, und die hinter dem «Drang geistiger Wesen» in der Welt wirkt? Wir sehen die Trieb­ kräfte, die in dem entscheidenden Wendepunkt eingrei­fen, wie die Naturgewalt eines Erdbebens sich in den Handlungen der Menschen äußern. «Man wirkt mit […], auch wenn man gegen […] wirken will.» (18) Ja, so ist es: «Die Welt muss aus ihrem Fundament neu gegründet werden.» Und: Die Möchtegern­Weltretter bewirken nichts anderes als die Welt­Vernichter. Wobei beide heute in vielfachen Nuancen auftreten. Wer horcht hin «auf diese Geistesstimme, die in unser materialistisches Da­ sein hineintönt»? Wer weiß schon, was sich da abspielt?
Wie «die neue Geistigkeit» in der Chaotisierung der Weltverhältnisse ihr Auftreten als «das Christus­Erlebnis des 20. Jahrhunderts» (19) im Inneren der Menschen vor­bereitet? Die inneren und äußeren Erdbeben erleben wir mehr oder weniger bewusst mit. Eine ‹Veranlagung zur Anthroposophie› aber müsste uns dahin führen, hin­zuhorchen «auf diese Geistesstimme, die in unser mate­rialistisches Dasein hineintönt». Und diese Geistesstim­me, sie formuliert sich für uns in Rudolf Steiner als die Stimme des Christus selbst nach allen Seiten hin und von allen Seiten her in aller Deutlichkeit. (20)
Der von Rudolf Steiner vorausgesagte Umschwung beziehungsweise das Christus­Ereignis des 20. Jahrhun­derts ist eingetreten, «bevor das erste Drittel des 20. Jahrhunderts abgelaufen ist»:
«So stehen wir heute im ersten Drittel des 20. Jahr­hunderts vor dem Herankommen eines wichtigen Menschheitsereignisses. Und alle Erschütterungen, alle Katastrophen sind nichts anderes, als die erdbe­benhaften Vorgänge, die einem großen geistigen Er­eignisse des 20. Jahrhunderts vorangehen. Es ist dies jetzt nicht ein Ereignis in der physischen Welt, son­dern ein Ereignis, das die Menschen als eine Art Er­leuchtung haben werden, das herangekommen sein wird, ehe das erste Drittel des 20. Jahrhunderts abge­laufen ist. Man kann es nennen, wenn man das Wort nicht missversteht: das Wiedererscheinen des Chris­tus Jesus. Aber der Christus Jesus wird nicht im äuße­ren Leibe erscheinen, wie zur Zeit des Mysteriums von Golgatha, sondern als wirkend im Menschen.
Und man wird ihn empfinden übersinnlich: im Äther­leibe ist er da. Derjenige, der sich darauf vorbereitet, kann immerfort in Visionen ihn empfinden, immer­fort Ratschläge von ihm empfangen, kann gewisser­maßen in ein unmittelbar persönliches Verhältnis zu ihm treten.» (21)
Wir verstehen die Angabe des Zeitpunktes: Jenes Ereig­nis ist am 30. März 1925 um 10 Uhr morgens eingetre­ten. Nun treten die Folgen zutage. Es wird sich die Erdenkatastrophe als diese zentrale Folge vollziehen als ei­ne von Menschen verrichtete Tat. (22) Und deshalb ist die Notwendigkeit da, zu diesem Ereignis im Durchleben der es für das Erleben weiterhin vorbereitenden Katastro­phen eine bewusste Beziehung zu finden. Und zwar des­halb, damit unsereins nicht gegen dieses Ereignis agiert in der Konsequenz seines gewöhnlichen Selbstverständ­nisses. Die Jugend bringt den Trieb mit zu diesem be­wussten Verhältnis. Aber überall wird ihr die Verwirkli­chung dieses Verhältnisses verbaut. Auch – und viel­leicht gerade – in den Freien Waldorfschulen, die doch dafür von Rudolf Steiner gegründet wurden. Man kom­me nicht wieder mit den bekannten Einwänden, die Freie Waldorfschule wolle doch keine ‹Weltanschau­ungsschule› sein. Gewiss nicht. Aber es soll ja der Gang durch die Waldorfschule für die Jugend die Fähigkeit freilegen, denkend eine eigene, wahre Anschauung der Welt aus dem eigenen Inneren heraus für sich zu erstreben. Das müssten die Lehrer können. Sie müssten ein Ver­ständnis entwickeln für die wahre Intention des Waldorf­ Impulses, wie ihn Rudolf Steiner gegeben hat.

Der Mythos der Freien Waldorfschule
Vor dem Ablauf des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts ist im Erdendasein ein Ereignis eingetreten, das einen erdbebenartigen Umschwung in der ganzen Entwickelung der Menschheit darstellt. Im Hinblick auf dieses Er­eignis fassen mehr und mehr Menschenseelen im Vor­geburtlichen den Entschluss, sich zu verkörpern, um im Erdendasein an diesem Ereignis teilnehmen zu können. − Da aber der Inkarnationsimpuls durch das Inkarnations­geschehen in den allermeisten Fällen vergessen wird, treffen diese Seelen im Vorgeburtlichen untereinander individuelle Absprachen dahingehend, dass sie sich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander verkörpern wollen, damit so die Vorangegangenen durch die Nachfolgenden an ihren vergessenen Inkarnations­Impuls erinnert wer­den können. Damit diese im Vorgeburtlichen getroffe­nen Absprachen im Erdendasein wirksam werden kön­nen, bedarf es dort derjenigen Einrichtung, welche Kin­der und Jugendliche einerseits, und Erwachsene andererseits der individuellen Absprache gemäß einander zu­ordnen. − Diese Zuordnung ist die wahre Sozialgestalt der Freien Waldorfschule Rudolf Steiners. Aber eines fehlt noch: In dieses Bild des Gründungsimpulses der Freien Waldorfschule müssen die Lehrer Rudolf Steiner selber einsetzen. Dies ist die Forderung Rudolf Steiners. (23)
Und diese Welt­Anschauung, welche die wache Men­schenbegegnung als Grundlage und Ziel der Entwicke­lung von Mensch und Welt begreift, muss sich gründen auf Erfahrung und Denken. Was die Erfahrung betrifft, so muss diese als Tat oder Tatenfolge der neueren Genera­tionen vorliegen. Und sie liegt vor. Was das Denken be­trifft: Da liegen die echten Fragen der Waldorfpädago­gik. Letztere muss durch die trügerische Erscheinungs­form der Jugendseelen durchdringen und dasjenige end­lich ins Auge fassen, was eben der okkulte Jugendimpuls ist. Was müssen wir davon wissen? Wir müssen zuerst lernen, die Widerstände zu erkennen, die in uns selber wirken.
Rudolf Steiner:
«Nun kommen alle die Widerlegungsgründe. Man diskutiert über alles Mögliche, man deckt jenes ger­ne zu. Da verfälscht man das, was im Unterbewusst­ sein ganz ehrlich sein will und was Mut braucht. An­throposophische Bewegung kann die hohe Schule des Mutes sein. Allerdings, es ist schwierig, dass die anthroposophische Bewegung die Schule des Mutes wird, weil sie von vielen heute nicht als das Erste ins Leben hineingestellt wird, sondern als das, was ne­benherläuft.» (S. 183)
Den gemeinten Mut lernt man schnell oder gar nicht? Sind 100 Jahre Mutlosigkeit lang? Gilt nun das ‹gar nicht›? Oder haben wir noch eine Chance? − Gleich an­schließend charakterisiert Rudolf Steiner, was seiner Auffassung nach uns hindert, Anthroposophie «als das erste ins Leben hineinzustellen»: Man diskutiert über alles Mögliche. Und Anthroposophie wird dann etwas, das im Leben so nebenherläuft:
«Das kann man schon in den äußeren Veranstaltun­gen sehen. Nach und nach wird es häufigerweise so, dass man gar nicht weiß, wie man weiter damit zu­ rechtkommen soll, dass wir zu lauter Kursen eingela­den werden, dass sie irgendwo abgehalten werden, wo die Leute Sommeraufenthalt nehmen, so ganz nebenbei, wie man aufs Land geht. Warum soll man nicht statt der Konzerte, die man sonst hört, auch An­throposophie haben? Es ist ein Symptom – an sich ist es nicht schlimm –, aber es ist ein Symptom dafür, dass der durchgreifende Mut nicht da ist, sich ins Sub­stantielle in der Hauptsache hineinzuleben, sich mit dem Geistigen der Anthroposophie in Wirklichkeit zu verbinden, nicht mit dem Schatten der Anthroposo­phie.» (ebd.)
Was es heißt, sich nicht mit dem Schatten der Anthropo­sophie, sondern mit ihrem Geistigen zu verbinden, kön­nen wir aus den Schlussworten Rudolf Steiners am Elternabend in der Freien Waldorfschule Stuttgart am 11. Juni 1920 irgendwie vielleicht doch erahnen.
«In der wahren Erkenntnis des Menschenwesens liegt das Unterpfand für die Entwickelung unseres Volkes in der Zukunft. Auch diese Aufgabe ist groß, aber es ist ein Zeichen unserer Zeit, dass sie herb ist. Man will vor dem Antlitz unserer Zeit nicht so klaren Blickes stehen, dass man die verbitterten Züge sehen will. Man will Schleier über Schleier vor dieses Antlitz ziehen und will sich seinen Anblick deswegen fern­ halten, weil man die Sprache fürchtet, die aus dem Antlitz redet. Herb und groß sind die Aufgaben, die wir übernommen haben. Aber wir glauben, dass es Menschen geben kann, die die Aufgaben doppelt zu lieben vermögen, weil sie herb und groß sind. Wir vereinigen uns mit Ihnen in der Hoffnung, dass Sie sie lieben lernen werden, weil es eine herbe Aufgabe ist.
Aus der Herbheit wird die Frische entspringen kön­nen. − Herb und scharf ist das, was wir zu vertreten haben; aber diese Herbheit wird uns die Kraft geben, hier von der Freien Waldorfschule aus der niederge­henden Zeit ein Flammenzeichen auf die Stirne zu schreiben. Sie möge, während sie dahinlebt im Phra­sentum, die Kraft finden, einen kräftigen Tod zu ster­ben, dass darauf fallen möge die Sonne des kommen­ den Tages.» (24)
Im Namen der Kinder und Jugendlichen soll es möglich werden, «von der Freien Waldorfschule aus der nieder­gehenden Zeit ein Flammenzeichen auf die Stirne zu schreiben? Sie möge, während sie dahinlebt im Phrasen­tum, die Kraft finden, einen kräftigen Tod zu sterben, dass darauf fallen möge die Sonne des kommenden Tages»? Ja! − Und wer soll und kann dieses Flammenzei­chen auf wessen Stirn schreiben? Es ist die Jugend, die schreibt. Und es sind die Erwachsenen – zu denen die Ju­gend ja immer wieder wird –, deren Stirn gezeichnet wird. Wir gehören ja alle zu denen, die mit dem Flam­menzeichen des Untergangs schon durch uns selber gezeichnet sind. Aber ein Unterschied besteht: Indem wir dieses Flammenzeichen vollbewusst uns selber auf die Stirn schreiben, schreiben wir es aus dem rechten, flam­menden Verhältnis zur Anthroposophie heraus. Aber da­ zu müssen wir an der anthroposophischen Schrift Rudolf Steiner erst die Flamme entzünden, die als Zündstoff schon in uns gelegt ist. In Bezug auf seine Schrift ‹Die Ge­heimwissenschaft im Umriss› sagt uns Rudolf Steiner, was ja für alle seine Schriften gilt:
«So ist es mit der ‹Geheimwissenschaft›. Wenn Sie es so gelesen haben wie ein anderes Buch, dann ist es eben erst das Zündhölzel; aber wenn Sie es richtig verrieben haben in Ihrem ganzen menschlichen We­sen, da werden Sie schon sehen, da zündet es. Es hat nur noch wenig gezündet! Aber es zündet, meine lie­ben Freunde. […] Aber es wird nie ein Feuer, wenn Sie das Zündhölzel bloß angucken. Also es ist tatsächlich so: man muss schon erst das Zündholz kennen, sonst wird man sich dem Wahn hingeben können, dass­ man mit der Stecknadel anzünden könnte. Sie kön­nen natürlich mit der Stecknadel – das heißt mit der modernen Wissenschaft – nicht anzünden; Sie kön­nen es nur mit dem Zündhölzel, mit dem wirklichen Zündhölzel anzünden; aber es ist so, man kann es an­ zünden!» (25)
An den anthroposophischen Schriften sollen wir uns das reine Denken entzünden, in der Kollision mit den Sätzen Rudolf Steiners uns dieses reine Denken erwecken, die Flamme unseres Ich­Wesens. Dann werden wir selbst zu der Flamme. Und wir blicken auf den Untergang unserer Zivilisation, der im Auftreten der Anthroposophie ent­steht und begründet ist, mit dem klaren Bewusstsein ei­ner berechtigten Zukunftshoffnung:
«Nur die Flamme wird von der Flamme nicht ver­zehrt.» (26)

Kempten (Allgäu), 25. Februar 2023

 

 

  1. Ansprache an die Jugend am 20. Juli 1924 in Arnheim. «Ich habe niemals etwas anderes im Unterbewusstsein der jugendlichen Menschen eingeschrieben gesehen. Das ist es wirklich: Die Welt muss aus dem Fundament neu begründet werden. Nun kommen alle die Widerlegungsgründe …»
  2. Fred Poeppig, Schicksalswege zu Rudolf Steiner, CH. Melliger Verlag, Stuttgart. 2. Aufl. 1955, S. 111. Die Passage ist in GA 217a im Anhang abgedruckt.
  3. Dieser Kamerad, der mit der Faust auf den Tisch haute, hat schon um 1920 das Gleiche gesagt, was 1970 zur Parole wurde desjenigen Teils der dritten Welle der Jugendbewegungen im 20. Jahrhundert, der sich nicht im Stalinismus verirrte: «Macht kaputt, was euch kaputt macht!» Die Parole wurde zu dem erfolgreichsten
    Song der Punk-Band ‹Ton, Steine, Scherben› (Rio Reiser), siehe ogy.de/0g5x
  4. «Viele Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft haben in dieser Gesellschaft ein beruhigendes Element gesucht […]. Die Alten haben es schwer, gute Anthroposophen zu sein, nachdem das beruhigende Element in ihnen Gewohnheit geworden ist Sobald man in der Anthroposophie so lebt, dass man die Dinge, die
    man erlebt, wie aus einer Gewohnheit heraus erlebt, so ist dieses etwas sehr Schlimmes.» Rudolf Steiner, Ansprache in Stuttgart am 14. Februar 1923. U.a. in GA 217a, S. 105.
  5. Mitgliedervortrag in Dornach, 3. Februar 1923, GA 221 (Erdenwissen und Himmelserkenntnis), S. 46.
  6. Rudolf Steiner in der Lehrerkonferenz vom 24.7.1920. GA 300a, S. 166.
  7. Vgl. u.v.a.: Ansprache Rudolf Steiners in Dornach, 16 Oktober 192. GA 217a, S. 39f.
  8. «Freie Schule und Dreigliederung», Aufsatz in GA 24, S. 43, Schlusssatz.
  9. «Die Erkenntnis-Aufgabe der akademischen Jugend», GA 217a, S. 83ff.
  10. Man liegt richtig mit dem Eindruck, dass die ‹anthroposophischen› Hochschulen dieses Spannungsverhältnis zwischen den heutigen Wissenschaften und der Anthroposophie gern ausgleichen wollen, und dann eine Harmonie zwischen beiden Seiten herbeireden, die mit der wirklichen Welt nichts zu tun hat. Die Jugend hat dann keine Chance, ihren eigenen inneren Impuls in seiner Weltbedeutung zu erfahren und zu erkennen, um daraus ihr Leben zu gestalten.
  11. So schreibt zum Beispiel der auch als Blogger tätige Herbert Ludwig (Pforzheim): «Es ist bekannt, dass die Klima-Demonstrationen der Schüler und Jugendlichen keineswegs eine spontane Graswurzelbewegung sind, sondern dass dahinter eine geschickt inszenierte PR-Strategie interessengeleiteter Organisatoren steht. Die Jugendlichen mit ihrer Unschuld, ihren Zukunftshoffnungen und ihrem herzerfrischenden Idealismus werden instrumentalisiert. Dass das in diesem Maße möglich ist, liegt aber vor allem an der Pädagogik der Eltern und Lehrer, die den Jugendlichen eine Erkenntnis- und Urteilskompetenz einräumen, die sie noch nicht haben können.» Quelle: ogy.de/7brb
  12. Rudolf Steiner am Elternabend in der Freien Waldorfschule Stuttgart am 11. Juni 1920. GA 298, S. 55.
  13. Rudolf Steiner, Mitgliedervortrag in Dornach am 28. August 1920, GA 199 (Geisteswissenschaft als Erkenntnis der Grundimpulse sozialer Gestaltung), S. 177.
  14. Arbeitervortrag am 8. Oktober 1923, GA 251, S. 21.
  15. Die Umwandlung des Insekts geschieht in der Licht-Hülle des Kokons. In der Menschenwelt wird es die Licht-Hülle des reinen Gedankens sein, der aber erst an der Anthroposophie Rudolf Steiners erarbeitet werden muss.
  16. Rudolf Steiner, Vortrag in Torquay, 16. August 1924. In GA 243 (Das Initiaten-Bewusstsein), S. 122.
  17. Vgl. Rudolf Steiner über die ganz besondere Bedeutung der gegenwärtigen 5. nachatlantischen Kulturepoche, in welcher das mit dem Untergang der Lemuris begonnene Platonische Jahr von 25920 Jahren zu Ende geht (7 atlantische Kulturepochen plus 5 nachatlantische sind 12 x 2160 Jahre) und erneut eine große Umwandlung eintreten wird, die dem Übergang zur Atlantis entsprechen wird. (Mitgliedervortrag am 9. Juli 1921, GA 205, S. 164ff.) Siehe auch meinen Artikel: «Was uns obliegt IV/2: Anthroposophie als das in unserer Gegenwart Allernotwendigste begreifen», in AGORA 6 /2020, S. 24. https:/ogy.de/smxd
  18. Aus dem Hymnus an die Natur (Goethe).
  19. Siehe GA 200, «Die neue Geistigkeit und das Christus-Erlebnis des zwanzigsten Jahrhunderts».
  20. Hier lauern große Missverständnisse: Immer wieder erscheinen in der anthroposophischen Szene Schriften mit dreist-naiven Titeln (und Intentionen) wie diese: «Rudolf Steiners Weg zu Christus» von Lorenzo Ravagli, Akanthos Akademie Edition 2018 (BoD). Als ob es sowas wie ‹Christus› irgendwo außerhalb der Anthroposophie geben würde – zum Beispiel im ‹Christentum›? −, zu dem sich Rudolf Steiner (warum eigentlich?) aufgemacht haben könnte. Ravagli e tutti quanti machen aus der Anthroposophie als einer unmittelbaren Äußerung des Christus, der nur in der Anthroposophie in seinem wahren Wesen erscheint und durch ihn selber begriffen werden kann, weil er als Autor der anthroposophischen Schriften und auch als Rhetor sich erklärt (uns seinen Bewusstseins-Inhalt mitteilt in der diesem Inhalt allein entsprechenden Form), eine Erzählung von einem an sich gegebenen (katholischen!) Christus, der mit Rudolf Steiner nichts zu tun hat, außer dass letzterer irgendwie zu demselben gepilgert sein soll. Hören wir Rudolf Steiner? Wir dürfen «dasjenige, was er [Christus] als Anthroposophie offenbart, als eine wirkliche Christus-Offenbarung aufnehmen. – Oft, meine lieben Freunde, werde ich gefragt von unseren Mitgliedern: Wie setze ich mich in Verbindung mit dem Christus? – Es ist eine naive Frage! Denn alles, was wir anstreben können, jede Zeile, die wir lesen aus unserer anthroposophischen Wissenschaft, ist ein Sich-in-Beziehung-Setzen zu dem Christus. Wir tun gewissermaßen gar nichts anderes. Und derjenige, der nebenbei noch ein besonderes Sich-in-Beziehung-Setzen sucht, der drückt
    nur naiv aus, dass er eigentlich vermeiden möchte den etwas unbequemen Weg, etwas zu studieren oder etwas zu lesen.» Mitgliedervortrag in Berlin, 13. Juni 1916, GA 169 (Weltwesen und Ichheit) S. 44.
  21. Mitgliedervortrag in Dornach, 13. Oktober 1918, GA 184 (‹Die Polarität von Dauer und Entwickelung im Menschenleben›), S. 309.
  22. «Indem man dem Menschen weismacht, dass seine Gedanken bloße Gedanken sind, die mit dem Weltgeschehen nichts zu tun haben, macht man ihm einen Nebel vor, als ob er keinen Einfluss haben könnte auf die Erdenentwickelung, und als ob ohne oder mit seinem Zutun einmal das Erdenende so oder so kommen wird, wie es eben die bloße Physik vorschreibt. Aber es wird nicht ein bloß physikalisches Erdendende kommen, sondern dasjenige Erdenende, das die Menschheit selbst wird herbeigeführt haben.» Rudolf Steiner am 23. März 1923, in: GA 222.
  23. Siehe dazu die Schrift des Verf.: «100 Jahre Waldorf: Das ‹Erfolgsmodell› Freie Waldorfschule und das ‹Problem› Rudolf Steiner», Aarau 2019. ISBN 978-3-9525080-1-5, www.agora-magazin.ch/nadeloehr
  24. Stuttgart, 11. Juni 1920, GA 298 [Rudolf Steiner in der Waldorfschule, Elternabend], S. 56.
  25. Mitgliedervortrag in Den Haag, 5. November 1922. GA 218 (Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus), S. 99.
  26. Rudolf Steiner, Ansprache … GA 217a, S. 187.